Nur langsam hob sich der Morgennebel in Legyn, einer Region im Nordwesten Aile Dashars. Xebal, der Händler, machte sich wie jeden Morgen daran, den Bestand an Seidenballen in seinem Lager zu zählen. Müde schweifte sein Blick nach Osten, wo die hohen Bäume der Wälder ST.Sospehudens vor der Morgensonne noch lange dunkle Schatten warfen.
Xebal hielt sich immer fern von den östlichen Wäldern, denn man munkelte viel über wilde Wölfe und Räuberbanden. Neulich hatte ein Wanderer sogar behauptet, die Meermenschen des Cults hätten die Bucht überrannt. Doch das musste dummes Gewäsch sein, denn schliesslich hatten Soldaten der Azgaroth und Olms erst kürzlich einige hundert dieser Fische überrascht und besiegt.
“Hoi, Xebal, alter Geldsack!”
‘Oh nein’, dachte Xebal, ‘nicht schon wieder dieser dicke, ungehobelte Zwerg’. Darak kam jede zweite Woche zu ihm, um sich die feinsten Seidenumhänge zeigen zu lassen, obwohl er sich diese mit seinem kargen Lohn bei den 2.Gebirgsjägern Olms garnicht leisten konnte.
“Seid gegrüßt, Darak, womit kann ich Euch dienen ?”
“Alas, seit ich damals diese Fischköpfe niedergemetzelt habe, stinkt mein ganzer Umhang wie’ne Robbe! Aber das hättet Ihr sehen sollen, wie ich - weit vor allen anderen - mitten unter die Glitschköpfe stürmte!”, prahlte Darak.
‘Jaja, sicher … da erzählte man sich aber ganz anderes’, dachte sich Xebal. Immerhin waren der Schlacht einige katastrophale Niederlagen vorausgegangen und Darak war als einziger Überlebender seiner Einheit ohne Waffen und Rüstung hier in Legyn angekommen. Xebal verdrehte die Augen und schaute naserümpfend über den Zwerg hinweg.
‘Seltsam, die Wälder scheinen heute besonders finster zu sein…’, wunderte sich Xebal. Nur gelegentlich sah man ein Glitzern. Ein metallisches Funkeln.
“Sagt, Darak, seht Ihr das auch dort im Osten?” fragte Xebal den Zwerg, denn seine Augen waren nicht mehr die besten.
“BEI OLM ! Was ist das ? ALARM !! Der Feind, der Feind !” Mit wehendem Umhang rannte der Zwerg davon. Seltsamerweise nicht in Richtung der Kommandantur sondern nach Westen, in Richtung der Sümpfe. Doch sein Geschrei hatte bereits die Wachposten erreicht, die ihre Ferngläser gen Osten richteten. Gardist Deroxan spürte, wie Furcht sein Herz ergriff.
Than Accolor lächelte. Er hatte bereits seine Befehle. Die Söldner unter seinem Befehl rückten planmässig vor. Sie hatten sogar Mühe, mit den fanatischen, hasserfüllten Cult-Kriegern Schritt zu halten, die darauf brannten, den Tod Ihrer Kameraden zu rächen.
“Dort, Eulenfeder, seht ! Sie stellen sich auf!” rief er zu dem neben ihm reitenden Elf. In der Ebene sah man etwa 1.700 Zwerge und Menschen Aufstellung nehmen. Zwischen Ihnen flatterten die Banner der Bruderschaft von Olm und der Jünger Azgaroths. Bedauernd nahmen sie zur Kenntnis, dass sich auch einige Krieger des Team Hyltegatan zwischen den Feinden aufstellten. Der Befehl, diese nicht anzugreifen, würde dann wohl nur wenig bewirken.
Sie besprachen sich ein letztes Mal und waren sich sicher, den Gegner überraschen zu können. Zu einfach waren die Manöver der Feinde.
Schon stürzten sich die wild bemalten Cultisten unter unmenschlichem Kriegsgeschrei auf die Feinde. Ein Zittern durchlief ihn … das Adrenalin pulsierte in seinem Körper, als er hörte, wie Metall auf Metall schlug.
Auch Deroxan konnte ein leichtes Zittern nicht unterdrücken. Genaugenommen schlotterte er vor Angst. Dennoch war er froh, dass seine Einheit den Söldnern gegenüberstand, seit er die schwerbewaffneten fanatischen Meermenschen gesehen hatte. Von denen war keine Gnade zu erwarten, das konnte er sehen.
‘Mächtiger Azgaroth, steh uns bei!’ dachte sich Deroxan, als er das dumpfe Rumpeln der feindlichen Katapulte hörte und sah, wie Felsbrocken tiefe Schneisen zwischen die Olm-Zwerge rissen, die noch völlig konfus in dichten Massen zu Ihren Sammelplätzen liefen. ‘Das fängt ja gut an’.
Er wandte sich zu den Bogenschützen um, die in langen Reihen Aufstellung genommen hatten. Sie waren seine größte Hoffnung. ‘Wenn ihnen bloss dieser Wind das Zielen nicht so schwer machen würde’, dachte er. Überhaupt wurde der Wind immer stärker. Und er blies Ihnen direkt ins Gesicht. Schon spürte er Regen und kleine Hagelkörner im Gesicht. Er hob den Kopf, um den Himmel zu betrachten. Immer härter und größer wurde der Hagel, die Körner liessen die Schilde und Rüstungen laut scheppern, wenn sie trafen.
“Aaargh, mein Arm ..!” Deroxan sah entsetzt, wie sein Kamerad seinen zerfetzten blutüberströmten Arm hielt und zusammenbrach. Ungeheuerlich war die Wucht des Schlags, die ihn plötzlich mitten ins Gesicht traf und alles verdunkelte. Schmerzen spürte er da schon keine mehr …
Darak blieb wie angewurzelt stehen und kratzte sich den langen gezwirbelten Bart. ‘Nanu, bei Donar, bin ich jetzt völlig mit Dummheit geschlagen? Habe ich mich jetzt wirklich verlaufen?’
Er war sofort geflüchtet, so schnell ihn seine kleinen Beine trugen, als er die Meermenschen gesehen hatte. Darak hatte ihnen einmal gegenüber gestanden und das war genug. ‘Diese verflixten Bäume standen doch gestern noch nicht dort!’ dachte er sich.
Plötzlich kam Bewegung in die Bäume. Die Bäume kamen auf ihn zu ! Und unter den Bäumen wimmelte es von leicht bewaffneten Meermenschen ! Das Entsetzen schnürte dem Zwerg die Kehle zu, so dass kein Laut zu hören war, als sein Leib unter den Wurzeln einer riesigen marschierenden Eiche begraben wurden.
“Sehr gut, Hauptmann! Vorwärts! Lasst uns die Sache beenden!”, entschied Than Accolor mit fester Stimme. Die Meermenschen wüteten bereits unter den Feinden. Nun rückten auch seine Söldner in eiserner Disziplin vor. Noch standen die Reihen der Jünger Azgaroths, doch die Hellebarden seiner 600 Soldaten schnitten wie Sicheln präzise durch die entsetzten Feinde.
“Eulenfeder, seht ! Die Ents kommen !” Ganz konnte er ein leichtes Unbehagen nicht unterdrücken, als er sah, wie die Baumwesen über die feindlichen Bogenschützen herfielen. ‘Irgendwie unheimlich’, dachte er sich verwundert.
Als er seinen Blick wieder auf das Schlachtfeld warf, sah er keinen lebenden Feind mehr in Sichtweite. Kaum einer war entkommen, das sah man sofort. Jocata, ein riesiger Meermenschen-Priester, schritt soeben aus dem brennenden Rathaus, auf seinem Speer aufgespiesst thronte der Kopf des feindlichen Statthalters. Accolor hörte, wie die Meermenschen in einen unheimlichen Gesang antworteten, als Jocata schrie:
“Der Tod der Tritonen ist gerächt! Der Sieg ist unser!”
“SIEG ! SIEG DEM CULT ! EHRE UND RUHM DEN SAHUAGIN !”